Interview mit Tobias Gaukstern

Können Sie kurz das Funktionsprinzip Ihres Softwaretools erläutern?

T. Gaukstern: Unsere Auto-ML-Software führt den Nutzer durch den Prozess der Modellentwicklung. Deshalb sprechen wir hier auch von Guided Analytics. Dabei fokussiert sich der Experte auf sein Wissen zum Maschinen- und Prozessverhalten und verknüpft dieses mit den im Hintergrund ablaufenden ML-Prozessen. Das bedeutet, dass die Software bei der Übersetzung und Archivierung des vorhandenen Applikationswissens in eine verlässliche ML-Anwendung unterstützt, indem das vorhandene Wissen geschickt abgefragt und mit dem im Hintergrund arbeitenden Algorithmen kombiniert wird. 

Prinzipiell besteht unsere Lösung aus zwei Modulen zur Modellbildung, -ausführung, und -optimierung sowie zum Management der Modelle über ihren Lebenszyklus. Mit dem Modul zur Modellbildung kann der Domänenexperte basierend auf den Trainingsdaten und seinem Applikationswissen ML-Lösungen zur Anomalieerkennung, Klassifikation und Fehlervorhersage erzeugen. Weltweit einmalig ist die Anomalieerkennung auf Basis von „Gut-Daten“, dem „unsupervised“ Training. Ein Algorithmus erlernt dabei die typischen Datenmuster eines normalen Maschinenverhaltens anhand historischer Daten. Zur Laufzeit können Abweichungen von diesen Mustern identifiziert werden. Bei den erkannten Anomalien kann es sich um Ineffizienzen, kleinere Störungen oder größere Fehlerfälle handeln. Durch diese Herangehensweise ist das System in der Lage, auch bisher unbekannte Fehlerfälle bereits bei ihrem ersten Auftreten zu erkennen. Das Ergebnis des Modellbildungsprozesses ist eine komplett konfigurierte ML-Pipeline inklusive des Modells.

Darüber hinaus dient der Modellbuilder zur Optimierung der ML-Modelle im Betrieb. Neue Ereignisse, zum Beispiel bestimmte Betriebssituationen, Anomalien oder Fehler, die während des Betriebs einer Maschine vorkommen und nicht in den Trainingsdaten enthalten waren, können den Modellen mit wenigen Klicks hinzugefügt werden. Dadurch lassen sich die Modelle über ihren Lebenszyklus kontinuierlich verbessern. Das zweite Modul ist die Ausführungsumgebung, die zum Betrieb der ML-Modelle in der Cloud oder in einer On-Premise-Anwendung dient. Sie ist plattformunabhängig und skaliert automatisch gemäß der Anzahl der auszuführenden Modelle. Darüber hinaus stellt die Ausführungsumgebung die Modellergebnisse verständlich dar, sodass der Nutzer konkrete Handlungen zum Beispiel zur Fehlervermeidung umsetzten kann. Da die Modelle über ihren Lebenszyklus angereichert werden und damit Modellvarianten entstehen, ist ein Modellmanagement ein weiterer Bestandteilder Ausführungsumgebung. Das Modellmanagement stellt unter anderem Funktionen zur Modellversionierung, -wiederherstellung und -überwachung bereit.

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