
Model-Based Systems Engineering unterstützt Unternehmen dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Megatrends zu folgen (Quelle: stockphoto.com_tolgart_899415848)
Die Zahl der Herausforderungen rund um die Produktentwicklung ist in den letzten Jahren gewachsen. Das liegt zum einen daran, dass die Komplexität von Produkten aufgrund der leistungsfähigeren Elektronik und des höheren Softwareanteils gestiegen ist. Hinzu kommt die zunehmende Vernetzung, die zu vielen versteckten Abhängigkeiten führt und die Nachverfolgbarkeit bei Produktdaten und Prozessen erschwert. Gleichzeitig wird die Welt immer volatiler. Der digitale Wandel beschleunigt sich immer mehr. Das alles verlangt von Unternehmen größtmögliche Agilität. Schnelle Reaktionen auf Trends, Entwicklungen und Krisen sind essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Laut einer IDC-Studie zur Digitalisirung betonen 78 % der Entscheider, dass ihr Unternehmenserfolg sehr stark von der Agilität ihrer Geschäftsprozesse abhängt. Ein Ansatzpunkt, um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist eine verbesserte Zusammenarbeit im Entwicklungsprozess. Genau hier kann Model-Based Systems Engineering (MBSE) Unternehmen unterstützen.
Systems Engineering verfolgt einen holistischen Ansatz mit dem Ziel, die Produktentwicklung effizienter zu gestalten und die Komplexität überschaubar zu machen. Dazu werden alle beteiligten Domänen miteinander verknüpft – vom Anforderungsmanagement über die Software- und Hardwareentwicklung bis hin zu Simulation und Test. So können der gesamte Entwicklungsprozess stets von allen Blickwinkeln betrachtet und die Komplexität besser überblickt werden. Model-Based Systems Engineering setzt dabei auf Modelle, um Informationen nachverfolgbar darzustellen und ermöglicht digitale Durchgängigkeit entlang des gesamten Produktentwicklungszyklus – ein Faktor, bei dem viele Unternehmen aktuell noch Nachholbedarf haben und den sie auf ihre Agenda zur digitalen Transformation gesetzt haben.
Die Vorteile von MBSE
Mit MBSE lässt sich die übergreifende Kollaboration der unterschiedlichen Stakeholder vereinfachen. Das gilt intern über die verschiedenen Domänen hinweg sowie für die externe Zusammenarbeit mit Partnern, Zulieferern und Kunden. So können etwa bei Änderungen Abhängigkeiten leicht identifiziert und Lösungsansätze analysiert werden. Besonders zum Tragen kommen die Vorteile, wenn die Informationen als durchgängiges Datenmodell Web-basiert (cloud oder on-premises) über den gesamten Produktlebenszyklus zur Verfügung stehen, wie es die 3DExperience Plattform von Dassault Systèmes ermöglicht. Wenn alle Beteiligten zu jedem Zeitpunkt auf dieselben Informationen als Single Source of Truth zugreifen können, erleichtert dies die Zusammenarbeit und macht sie effizienter. Unnötige Iterationen fallen weg, es bleibt mehr Zeit für Verbesserung und Innovation.
Nicht unerheblich ist zudem der Kostenfaktor beim Testen: Durch die Verknüpfung der Daten ermöglicht MBSE Simulationen über verschiedene Domänen hinweg bis zu einer kompletten Systemsimulation. Physische Prototypen sind meist kostspielig, unflexibel und nicht zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung verfügbar. Stattdessen fungieren hier digitale Zwillinge als virtuelle Prototypen zur Bewertung des Systems mittels simulationsbasierter Analysen. Systems Engineering kann Produktentstehungsprozesse somit auch kostenseitig optimieren – und verhilft Unternehmen letztlich zu mehr Wettbewerbsfähigkeit.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung
MBSE ist längst kein industriespezifischer Trend mehr. Vorreiter, die bereits seit vielen Jahren einen entsprechenden Ansatz verfolgen, waren beispielsweise die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt sowie das Militärwesen. Zu Beginn lagen häufig komplexe sicherheitsrelevante Applikationen im Fokus. Heute ist das Einsatzgebiet von Systems Engineering deutlich breiter und reicht bis hin zu Produktionsanlagen, Gebäudetechnik, Medizintechnik oder sogar Haushaltsgeräten.
Dennoch hat jedes Unternehmen unterschiedliche Bedarfe. Es sind daher einige Vorüberlegungen notwendig, um zu entscheiden, in welchem Umfang eine Implementierung von MBSE zielführend ist. Schließlich handelt es sich um ein umfangreiches digitales Transformationsvorhaben, das genau auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnitten sein sollte. Welche Aspekte des Entwicklungsprozesses und welche Rollen sind in erster Linie betroffen? Wie weit ist die Digitalisierung im eigenen Unternehmen bereits fortgeschritten und wie weit bei Zulieferern und in der gesamten Wertschöpfungskette? Sind diese Fragen beantwortet, braucht es vor allem Investment und Unterstützung von Seiten des Managements. MBSE ist die kulturelle Transformation eines Unternehmens, den Systemgedanken und die übergreifende Kollaboration im gesamten Produktentstehungsprozess und eventuell darüber hinaus zu etablieren. Dieser kulturelle Wandel erfordert es, die Mitarbeiter und externen Partner eines Unternehmens Schritt für Schritt in die Transformation einzubeziehen und ihnen immer wieder den Mehrwert aufzuzeigen. Nur wenn die Begeisterung für das Transformationsvorhaben aufrechterhalten wird, kann der Change gelingen.