Philipp Klehr, Student an der Technischen Hochschule Bingen: „Selbstständig Entscheidungen treffen, das ist mir in meinem späteren Job wichtig.“ (Quelle: Philipp Klehr)
P. Klehr hat gerade das dritte Semester an der Technischen Hochschule Bingen abgeschlossen. Als einen wesentlichen Grund für seine Entscheidung zum Studium des Wirtschaftsingenieurwesens nennt er: „Ich kann später in viele Richtungen gehen. Zunächst kann ich mir sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Seite anschauen und erlange in beiden Feldern Kompetenzen. Das kommt mir sicherlich auch in späteren Führungsaufgaben zugute, wenn es darum geht, auch Einfluss auf Geschehnisse zu nehmen.“
Aktuell sind es 15 Studierende, die mit ihm in seinem Semester Wirtschaftsingenieurwesen studieren. Einige sind bereits abgesprungen. „Elektrotechnik und Maschinenbau sind in gewisser Weise anspruchsvolle Studiengänge. Es gibt viele andere, die einfacher zu absolvieren sind und dennoch nach Studienabschluss gleiche Gehälter ermöglichen.“ Außerdem beobachte er in seiner Generation ein „BWL-Comeback“. „Viele wollen in die Finanzrichtung gehen“, erklärt er. „Ich selbst habe während meines Studiums einige erlebt, die mit mir Wirtschaftsingenieurwesen angefangen haben und nach ein paar Semestern sagten: Das ist mir zu theoretisch und mathematisch – ich wechsele an die Hochschule nach Mainz und studiere dort BWL.“ Außerdem meint er, dass sicherlich auch eine Abwanderung der Studienanfänger in Richtung Informatik stattgefunden habe. „Auch in diesem Zweig herrscht ein enormer Fachkräftemangel – und es winken interessante Jobs mit guten Gehältern“, lautet seine Begründung.
Megatrends bieten Chancen und Herausforderungen
Dann kommen wir auf die Herausforderungen und Megatrends zu sprechen. Auf Platz 1 nennt er den Klimawandel. „Der Klimawandel bringt vielfältige Herausforderungen mit sich, die man global angehen muss – vor allem vonseiten der Politik. Es zeigt sich allerdings gerade, dass entsprechende Lösungswege die Wirtschaft eines jeden Landes auch hemmen. Und dann trotzdem an einem Strang zu ziehen, ist, denke ich, die schwierigste Aufgabe“, meint P. Klehr. Er kritisiert die ältere Generation und ihr Verhalten. „Unsere Generation ist ziemlich klein und wir haben sehr wenig politischen Einfluss. Und man sieht ja auch, wie unterschiedlich das Meinungsbild zwischen den Generationen ist – wie man mit dem Thema Klimawandel umgeht und auch wie man Globalpolitik betreibt. Und das ist vor allem deshalb frustrierend, weil der Klimawandel ein Thema ist, das jetzt Entscheidungen verlangt, die allerdings erst in Zukunft für uns oder für unsere Kinder greifen werden. Und omit als junger Mensch quasi weniger Einfluss auf etwas zu haben, obwohl man mehr darunter leiden könnte, ist ein frustrierender Faktor.“
Er verweist auch darauf, dass vielen Menschen in seiner Generation der Klimawandel große Sorgen bereite. „Ich versuche es jedoch eher als Chance für Arbeitsplätze und Technik zu sehen. Außerdem ist es irgendwo auch unsere einzige Chance, diese globalen Ziele umzusetzen – ohne massiv auf Wohlstand verzichten zu müssen. Und ich denke, das ist auch etwas Schönes, wenn man da mithelfen und anpacken kann.“ Er ist überzeugt, dass das Fundament dafür in Deutschland vorhanden ist.
Einen weiteren Megatrend sieht er in künstlicher Intelligenz. „KI ist im Moment in aller Munde. Sie ist neben den ,klassischen‘ Themen, wie Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung der Industrie, ein wichtiger Trend“, lautet seine Einschätzung. KI und Digitalisierung sind für ihn auch wichtige Felder im Umgang mit Ressourcen. Dabei stelle die Ressourcenschonung für Technik und Entwicklung Chance und Herausforderung zugleich dar. „Mittels Digitalisierung lassen sich unter anderem ein optimaler Ressourceneinsatz und eine bessere Bedarfsprognose umsetzen“, sagt er. Als Beispiel führt er die Logistik an: „Hier wird alles just-in-time angeliefert, sodass man wirklich mit dem Kleinsten zurechtkommt.“ Und dann kommt er zum nächsten Thema: „Klar kann Automatisierung und auch Digitalisierung in gewisser Weise Fachkräfte einsparen – zu einem gewissen Grad. Auch kann sie Fachkräften die Arbeit deutlich erleichtern und sie somit effizienter machen. Das sehe ich zum Beispiel jetzt auch bei mir im Studium, wie zum Beispiel KI die Arbeit erleichtern kann.“ Er verweist auf die KI-gestützte Quellensuche. Hier gäbe es mächtige Werkzeuge, die den Rechercheaufwand reduzieren könnten. „Auch wenn man sich anschließend die Quellen selbst noch einmal anschaut – alleine das Finden ist arbeitserleichternd. Und solche Dinge werden durch KI und Digitalisierung in Zukunft weiter erleichtert“, ist er überzeugt.
Innovationsstandorte
Auf die Frage, welches Land er aktuell als größten technischen Innovationstreiber sieht, antwortet P. Klehr: „Die USA wegen der KI-Themen.“ Nach seiner Einschätzung zu China als Innovationsstandort gefragt, sagt er: „Das sehe ich im Moment noch nicht. Aber natürlich kann das noch kommen, je mehr Know-how abfließt.“
Auf die Frage, ob er Deutschland im Bereich Maschinen- und Anlagenbau heute noch immer als Innovationsstandort einstuft, meint P. Klehr: „Das sehe ich auf jeden Fall immer noch so. Ich finde, wir haben ein extrem solides Fundament – auch im Mittelstand: Dort findet sich viel Know-how, was auch erst mal die Innovation ermöglicht und auch eine solide wirtschaftliche Grundlage dafür liefert. Und selbst vor dem Hintergrund unseres Fachkräftemangels sind die Fachkräfte, die wir haben, Spitzenklasse.“ Weitere Pluspunkte schreibt er Deutschland bei der qualitätsgerechten und sicheren Umsetzung von Innovationen zu. „Wir haben viele Normen, Zertifizierungen usw., die uns dabei helfen, innovative Produkte mit hoher Qualität auf den Markt zu bringen. Ich denke, das bietet einen Vorteil.“ Mit Blick in die Zukunft sagt er: „Ich sehe als Gefahr, dass Unternehmen sagen: In Deutschland ist Produktion zu teuer, Energie zu teuer, Mitarbeiter zu teuer und zudem gibt es zu wenig Fachkräfte. Ergo wird es zu Verlagerung von Know-how und Innovation ins Ausland kommen.“