Dr. Thomas Bürger, Leiter Bereich Automation Products and ­Solutions bei Weidmüller

Dr. Thomas Bürger leitet den Bereich Automation Products and ­Solutions bei Weidmüller und ist Experte für offene Automatisierung. (Quelle: Weidmüller)

Die Automatisierung ist in dynamischem Wandel: Wo bisher proprietäre Systeme, Schnittstellen, Protokolle und auch ­Zuständigkeiten die Operational Technology (OT) von der übergeordneten Information Technology (IT) abschotteten, ­stehen die Zeichen jetzt auf Offenheit und Partnerschaften. Trendthemen wie die Anforderungen an Geräte der OT nach „always ­online“ oder auch „always up to date“ erfordern zwangsläufig eine enge Verzahnung von OT und IT unter partnerschaftlicher Einbeziehung vieler Stakeholder. Getrieben wird dies durch die Anforderungen der Anwender, ihre Anlagen durch vernetzte Systeme effizienter und flexibler betreiben zu können. Lösungen wie Predictive Maintenance oder die Verwaltung und Adminis­tration von Geräten sowie Anlagen sind nur zwei von vielen Anwendungsbeispielen.
Dabei ist eine ganzheitliche Herangehensweise unumgänglich. Die Integration in alle Richtungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg ist das neue Credo.

Insellösungen in der Automatisierung sind nur mit einem nicht zeitgemäßen Aufwand zu betreiben. Nur durch transparente und durchgängige Systeme vom Sensor bis zur Cloud kann eine effi­ziente, zukunftsfähige Automatisierung verwirklicht und dem Anwender Mehrwert aus der Durchgängigkeit von OT und IT geboten werden. Davon ist Weidmüller überzeugt – Dr. T. Bürger erläutert die Hintergründe und Details.


Herr Dr. Bürger, bitte erläutern Sie kurz das Weidmüller-­Verständnis von offener Automatisierung. 

Dr. T. Bürger: Viele Kunden kennen uns vom IO-System u-remote. Mit ihm sind wir 2013 wieder in die Automatisierung eingestiegen. Mit elf Busprotokollen ist u-remote in heterogene Systemlandschaften integrierbar und über den Webkonfigurator kann die komplette IO-Station konfiguriert und parame­triert werden. Von Anfang an war Offenheit also ein großes Thema für uns. Im Lauf der Jahre hat sie weitere Dimensionen hinzugewonnen: Für uns bezieht sich Offenheit auf die verwendeten Technologien, die Schnittstellen in unseren Produkten und die Zusammenarbeit in Partnerschaften. Das lässt sich am Beispiel von unserem Betriebssystem u-OS gut zeigen: Im Kern ist u-OS eine Zusammenstellung von Open-Source-Technologien beziehungsweise De-facto-Standards wie Linux. Deshalb können Anwender mit u-OS die komplette Weidmüller-Software-Produktlandschaft durchgängig auf allen Geräten mit ­einem einheitlichen Benutzererlebnis bedienen. Über das App-Manager-Konzept installieren Kunden einfach Softwareapplikationen oder eine Laufzeitumgebung für die Automatisierung. Dazu zählen unter anderem die Softwarelösungen PROCON-WEB und Industrial AutoML. u-OS integriert außerdem ­problemlos Tools in Form von Apps von Partnern – wie der Firma Codesys, aber auch Open-Source-­Programme wie Node-Red und kundenspezifische Anwendungen als Container-Software. Gleichzeitig ist das Betriebssystem so offen, dass der Kunde seine eigene Software nativ oder auf Basis der Container-Runtime integrieren kann. Und  zur Offenheit gehört natürlich auch das Vermeiden von Lock-in-Effekten: Bei uns muss der Kunde sich nicht in ­einem App-Shop anmelden. Bei uns hat er die Wahl, eine ­Automatisierungsruntime wie Codesys in seiner Reinform zu verwenden oder alternativ eine eigene Automatisierungslösung zu integrieren. Hierfür ist u-OS offen und Programmiersprachen-unabhängig.

Mit u-remote steht auch das passende IO-System zur Verfügung. Auf Basis unseres Betriebssystems ist der Kunde damit sofort in der Lage, vom Raspberry Pi bis hin zur leistungsstarken Steuerungsplattform zu automatisieren. Offenheit ist dabei kein Selbstzweck. Sie hat vielmehr zum Ziel, unsere Kunden zu befähigen, selbst ­Innovationen voranzutreiben. Und da wir die gesamte Connectivity-Hardware, von der Reihenklemme über unser IO-System u-remote bis hin zum passenden Edge-Device entwickeln und fertigen, kennen wir die Anforderungen unserer Kunden ganz genau und wissen, wie eine offene IIoT- oder Automatisierungslösung aufgebaut sein muss. 

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