Ganzheitlicher Ansatz gefragt

Dr. Gunther Kegel, CEO der Pepperl+Fuchs SE

Dr. Gunther Kegel, CEO der Pepperl+Fuchs SE: „Wir brauchen die enge Zusammenarbeit zwischen uns Automatisierungsspezialisten und unseren Kunden, um gemeinsam neue energieeffiziente Lösungen zu entwickeln“ (Quelle: Pepperl+Fuchs)

Wie Dr. G.Kegel weiter berichtet, heben sich die Produkte und Systeme, die Pepperl+Fuchs in energieeffiziente Anlagen integriert, durch eine generell verbesserte Funktionalität, Effizienz und Zuverlässigkeit ab. „Ansonsten sind sie eher eine ,enabling technology‘ für energieeffiziente und ressourcenschonende Produktionsprozesse“, gibt er an. Er verweist ferner darauf, dass es keinen Sinn ergebe, in einer Bestandsanlage lediglich die Sensorik auszutauschen, um so eine höhere Energieeffizienz zu erreichen. „Die Anlage und ihre Automatisierung müssen schon ganzheitlich überarbeitet werden, wenn Effizienzpotenziale gehoben werden sollen“, erklärt er.

Generell lässt sich Klimaneutralität aus Sicht des Experten nur auf drei Hauptwegen erreichen: umfassende Elektrifizierung, den Ausbau erneuerbarer Energieträger und eine erhöhte Energieeffizienz. Als Hemmschuh bei der Transformation der Energieerzeugung verweist Dr. G. Kegel auf die langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland. „Wir kommen gar nicht dazu, die geplante Windkapazität und den Leitungsausbau voranzutreiben, weil die entsprechenden Zulassungen teilweise mehrere Jahre dauern“, erklärt er.

Außerdem verweist er auf Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und sagt: „Europas Entscheidung, darauf unter anderem mit umfangreichen Wirtschaftssanktionen zu reagieren, hat von Anfang an das Risiko eines Gas-Embargos seitens Russlands inkludiert. Jetzt stellen wir fest, dass wir auf diese Gasmangellage nicht vorbereitet waren. Fossile Energieträger können zurzeit in Deutschland nicht ansatzweise ersetzt werden. 2019 lag deren Anteil gemessen am Gesamtenergieverbrauch in Deutschland noch immer bei 85 %.“

Generell sieht Dr. G. Kegel Öl und Gas als Brückentechnologien, die jetzt viel schneller als ursprünglich geplant durch elektrische Energieträger, wie Wasserstoff, Biogas und synthetische Brennstoffe, abgelöst werden müssen. „Bei diesem Umbau werden unsere Produkte in wachsendem Ausmaß gebraucht“, blickt der Firmenchef optimistisch in die klimaneutrale Zukunft. Zudem verweist er darauf, dass man kein eigens dafür entwickeltes „grünes“ Produkt benötige. „Dem Sensor oder der 2-Draht-Ethernet-Technologie ist es egal, ob er oder sie in einer konventionellen Anlage mit hohem CO2-Ausstoß oder beispielsweise in einer Anlage zur Wasserstoff-Elektrolyse eingesetzt wird“, lautet seine Antwort. Die Anforderungen der neuen, klimaschonenden Maschinen, Anlagen und Prozesse würden zukünftig neue Anforderungen an die Funktionalität der Pepperl+Fuchs-Produkte, -Systeme und -Lösungen hervorbringen. „Der eigene Carbon-Footprint unserer Produkte spielt dabei eine absolut untergeordnete Rolle“, so Dr. G. Kegel.

Herausforderungen in energieintensiven Industrien

Die Chemieindustrie zählt zusammen mit der Eisen- und Stahlindustrie zu den energieintensivsten Industrien. Stellt sich die Frage, welche Hebel hier angesetzt werden müssen, um klimaneutral zu werden – oder ist das sowieso aussichtslos?

Dr. G. Kegel: „In allen Bereichen, in denen bei der Produktion fossile Energieträger genutzt werden und im Ergebnis große Mengen CO2 entstehen, wird man in Zukunft grünen Wasserstoff zur Reduktion verwenden. Das frei werdende Produkt wird dann nur Wasser bzw. Wasserdampf sein.“ Er verweist darauf, dass die Technologie zwar bekannt, aber die Menge an frei verfügbarem grünen Wasserstoff über viele Jahre gesehen deutlich zu gering sei, um die Industriezweige Chemie, Eisen und Stahl zu dekarbonisieren. „Aller Voraussicht nach scheidet Erdgas als Brückentechnologie aus, wenn die Gaspreise auf dem jetzigen Niveau verharren,“ sagt er und gibt an, dass Erdgas selbst in der Chemie häufig zur Energiegewinnung in thermischen Prozessen einfach verbrannt würde. Diese Wärmegewinnung sei mit hohen Gaspreisen wohl nicht mehr wirtschaftlich und müsse schneller als bisher geplant durch direkte Elektrifizierung abgelöst werden. „Vieles ist möglich, aber in Großanlagen noch wenig umgesetzt – auch weil der Strom noch viel zu teuer ist“, lautet die Einschätzung von Dr. G. Kegel. Deshalb seien für diese Industrien die Transformationsaufwendungen und Herausforderungen viel größer als beispielsweise in der Elektronikindustrie. „Wir brauchen die enge Zusammenarbeit zwischen uns Automatisierungsspezialisten und unseren Kunden, um zusammen neue energieeffiziente Lösungen zu entwickeln. Ohne unsere großen Anwender werden wir allein keinen messbaren Beitrag zum Klimaschutz erzeugen können. Die Nähe zu den großen Unternehmen, wie der Chemie, ist für unsere Innovationskraft von entscheidender Bedeutung“, sagt der Firmenlenker.

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