Und so geht es weiter

Stephan Schlauß, Leiter Electronics Factory Erlangen

Stephan Schlauß, Leiter Electronics Factory Erlangen: „Die bestehenden Fertigungslinien in Erlangen sollen nun um moderne, hoch automatisierte Linien erweitert werden. Das heißt, wir müssen das Anlagen-Layout und die Fertigungsabläufe verändern. Hier unterstützt uns das virtuelle Abbild enorm – sowohl bei der Simulation der Anlagenerweiterung als auch dem späteren Betrieb, wenn die realen Daten in den digitalen Zwilling zurückfließen“ (Quelle: Siemens)

Als Herausforderung des Erlangener Werks verweist S. Schlauß noch einmal auf dessen rund 50-jährige Historie. „Die bestehenden Fertigungslinien sollen nun um moderne, hoch automatisierte Linien erweitert werden. Das heißt, wir müssen das Anlagen-Layout und Fertigungsabläufe verändern. Hier unterstützt uns das virtuelle Abbild enorm – sowohl bei der Simulation der Anlagenerweiterung als auch dem späteren Betrieb, wenn die realen Daten in den digitalen Zwilling zurückfließen“, ist er überzeugt. „Im laufenden Betrieb werden tausende Maschinen und Anlagen umgestellt. Die Vorab-Simulation unterstützt uns, Fehler oder Fehlplanungen vor der Realisierung bereits zu erkennen und somit zu vermeiden“, gibt S. Krug ferner an. In dem Zusammenhang verweist er auf eine Erfahrung aus dem Werk in Nanjing: „Dort mussten wir eine sehr große Lackieranlage in die Halle einplanen. Deren Abluftrohr wurde durch die Decke hinausgeführt. Der Statiker hatte allerdings bei seiner Hallenplanung eine zusätzliche Deckenversteifung an der entsprechenden Stelle eingeplant. In der virtuellen Planung haben wir dieses Problem im Vorfeld erkannt und der Statiker konnte umplanen. Wäre uns das erst während des realen Einzugs aufgefallen, hätte dies eine enorme Verzögerung bedeutet und einen hohen Kostenaufwand nach sich gezogen. Von diesen Beispielen lassen sich etliche anführen.“ In dem Zusammenhang verweist er auf die Non-Conformance-Costs, also Kosten die aufgrund von veränderten Nutzeranforderungen während der Design- und Bauphase anfallen: „Bei unserem Werk in China lagen diese deutlich unter 1 %. Bei anderen Referenzprojekten sind Werte zwischen 5 % und 10 % der Standard.“

Doch zurück ins Gerätewerk Erlangen: Ziel ist es, in einem Jahr den Gebäudekomplex in dem Detaillierungsgrad im Industrial Metaverse nachgebildet zu haben, der für eine genaue Planung erforderlich ist. „Um das Thema CO2-Neutralität sowie Energiekonzepte im Vorfeld simulieren und später im operativen Umfeld umsetzen und nutzen zu können, muss ein digitaler grüner Zwilling vorhanden sein. Selbstverständlich gibt es dafür eine ,Meilenstein-Roadmap‘, nach der wir vorgehen“, sagt S. Schlauß. Als einen Vorteil daraus nennt er die reale Umsetzung einer zusätzlichen Produktionslogistik mit einer hoch automatisierten Anbindung bis 2027

Die Gegebenheiten aus der Bestandsfabrik wurden mit einer 3D-Kamera aufgenommen und daraus virtuelle Modelle erzeugt. Diese müssen dann um besagte Prozess-, Energie- und weitere Daten ergänzt werden, um das datengetriebene Metaverse zu erschaffen. „Je genauer ein Abbild von der aktuellen realen Situation in die Planung einfließt, desto präziser, aufwandsärmer und schneller erfolgt die Umsetzung“, berichtet S. Krug. „In Teilen gelingt dies heute schon mit dem digitalen Zwilling. Das Industrial Metaverse ermöglicht die Erreichung des nächsten Effizienz-Levels.“ So lasse sich darüber die reale mit der virtuellen Welt noch besser verbinden. „Anwender profitieren zum einen vom 3D-Abbild, aber auch von den ständig aktualisierten Daten, zum Beispiel zum Energieverbrauch, der Performance usw.“ Als Stichwort nennt er noch einmal das datengetriebene Metaverse, das aus dem Echtzeit-Rendering eines realen Werks entsteht. Bei diesem lässt sich anhand von Daten aus der Vergangenheit nachvollziehen, wann Fehler aufgetreten sind und wo die Ursachen liegen. Durch den Abgleich von digitalen und realen Daten lassen sich Performance-Abweichungen finden und über Detailanalysen den Problemen auf den Grund gehen. „In der Zukunft werden wir im digitalen System tatsächlich alle Daten vorliegen haben, die das reale System beschreiben – angefangen bei den 3D-Daten über die Bewegungsdaten bis hin zu den Performance-Daten“, ist S. Krug überzeugt. Schon heute bestehe eine sehr enge Verbindung zwischen realer und digitaler Welt. „In der virtuellen Welt kann man auch Algorithmen aufsetzen, die die Zukunft vorhersagen. Und das ist das Potenzial, welches das Industrial Metaverse bietet.“

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