Umrüstung von Bestandsanlagen

Abbildung von Lutz Liebers

Lutz Liebers, COO Division Process Automation bei Pepperl+Fuchs: „Ethernet-APL ist der Gamechanger für die Prozessindustrie.“(Quelle: Pepperl+Fuchs)

Abbildung von Infrastruktur in einem Feldverteiler

Infrastruktur in einem Feldverteiler zertifziert und installierbar im explosionsgefährdeten Bereich (Quelle: Pepperl+Fuchs)

Nach dem Implementierungsaufwand für Kunden mit Bestandsanlagen gefragt, sagt L. Liebers: „Viele unserer Kunden verfügen bereits über eine digitale Infrastruktur in ihren Anlagen, zum Beispiel auf Basis von Profibus PA oder Foundation Fieldbus. Hier kann auf die vorhandene Verkabelung aufgesetzt werden und die Umstellung auf Ethernet-APL bis in den Ex-Bereich schnell erfolgen. APL unterstützt ja auch die etablierte Trunk- und Spur-Topologie. Anwender profitieren dann von den großen Datenmengen und einer Datenübertragung über Distanzen von bis zu 1.000 m.“ Er verweist aber auch darauf, dass eine solche Umstellung immer abhängig von der jeweiligen Bestandsanlage sei. Als grobe Richtschnur spannt er: „Bei einer heute noch pneumatisch betriebenen Anlage ist der Aufwand hoch. Kommen in einer Anlage allerdings wie erwähnt bereits Profibus PA oder Foundation Fieldbus zum Einsatz, ist die Infrastrukturbasis bereits vorhanden. Dann kann die Implementierung ggf. sogar im laufenden Betrieb vorgenommen werden.“

Erfolgreiche Lasttests

In Lasttests wurden die Praxistauglichkeit und Interoperabilität verschiedener APL-Geräte bereits belegt. Pepperl+Fuchs hat an verschiedenen solcher Lasttests erfolgreich teilgenommen. „Der umfangreichste Lasttest fand bei Endress+Hauser statt und wurde auf Basis ihrer Anforderungen umgesetzt“, erzählt L. Liebers. Bei diesem kamen 238 Messgeräte von Endress+Hauser, unter anderem Durchfluss-, Druck-, Temperatur-und Füllstandsensoren, zum Einsatz. Sie wurden in ein System mit zehn Pepperl+Fuchs-Field-Switches und drei Leitsystemen (Honeywell, ABB und Siemens) integriert. Kommunikativ wurden sie über Profinet und Ethernet-APL angebunden. „Bei den von BASF definierten Kundenanforderungen ging es unter anderem um den Geräteaustausch, die Gerätekonfiguration, die Robustheit der Kommunikation usw. Im Test wurde dann eindeutig nachgewiesen, dass Ethernet-APL als Physik-Layer robust genug ist für den tatsächlichen Einsatz in der Prozessindustrie“, berichtet L. Liebers. Das Ergebnis sei insgesamt sehr positiv ausgefallen. „Deshalb traf BASF die Entscheidung, im Jahr 2025 zwei geplante Anlagen am Standort Deutschland mit Ethernet-APL auszurüsten.“ BASF gehört zu den APL-Treibern der ersten Stunde. Nun stellt sich die Frage, wie groß das Interesse vonseiten weiterer Unternehmen aus der Prozessindustrie an Ethernet-APL ist? „Wir erhalten sehr viel Resonanz und Rückfragen“, berichtet L. Liebers. Er verweist auf die APL-Task-Force, die sich als Ziel 16 Demo- bzw. Pilotanlagen gesetzt hatte. „Letztendlich haben sich mehr als 30 Unternehmen gemeldet und wollten an Pilotprojekten teilnehmen“, sagt er.

Viele Anfragen kämen zudem aus dem Ausland, speziell aus Nordamerika. „Hier gibt es unter anderem Anfragen aus der Automobilindustrie, wo beispielsweise Lackieranlagen explosionsgefährdete Bereiche aufweisen. Da die meisten Fertigungsstraßen dort bereits komplett mit Ethernet vernetzt sind, wird APL als Next Step gesehen, um Ethernet bis in den Explosionsbereich zu führen“, erläutert der Prozessexperte. Als weiteres Beispiel nennt er Logistikzentren, in denen Chemikalien gelagert werden und dort ebenfalls explosionsgefährdete Bereich auftreten. „Und in solchen Applikationen ist man mit der Zweidraht-Technologie, die über so große Distanzen viele Daten übertragen kann, bedeutend besser aufgestellt“, sagt er. Als weitere Early-Adapter-Länder nennt er dann noch Indien und China.

Was Deutschland anbelangt, meint er: „Trotz des großen Interesses ist es bei APL wie bei jeder neuen Technologie: Die Industrie zeigt eine gewisse Zurückhaltung.“ Nun müsse man allerdings berücksichtigen, dass der Betriebsleiter für die Produktivität und Zuverlässigkeit einer Anlage verantwortlich sei. „Deshalb müssen wir ihn entsprechend seiner Interessenlage überzeugen. Das geht beispielsweise in Richtung vorbeugender Wartungen und den damit verbundenen Kosteneinsparungen Was wir ihm aber aktuell noch nicht an die Hand geben können, ist ein konkreter Nachweis der Einsparpotenziale in der Form, dass wir ihm vorrechnen: Wenn er beispielsweise 30 Ethernet-APL-Geräte installiert, wird sich der Wartungsaufwand um x % reduzieren und bis Jahresende in einer Kostenreduktion um y % niederschlagen.“ Hier sollen die Ergebnisse aus den Pilotprojekten Argumentationshilfe bringen. Derzeit sei somit die Entscheidung für APL meist aus dem Management getrieben, ähnlich wie seinerzeit bei BASF.

Ethernet-APL-Vorteile auf einen Blick
• Kabellängen bis 1.000 m (Trunk) bzw. bis 200 m (Spur),
• Versorgung von bis zu 50 Feldgeräten mit bis zu 92 W möglich,
• Datenübertragungsrate : 10 Mbit/s, full-duplex,
• Download von ca. 100 Konfigurationsparametern in wenigen Sekunden pro Feldgerät,
• geeignet für Zone 0/Class 1, Division 1,
• Schutzart Eigensicherheit einfach anwendbar sowie
• Übertragung von Daten und Strom über Zweidrahtleitung.

 

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