Zwischenbilanz

Tobias Gaukstern, Leiter der Business Unit Industrial Analytics

Tobias Gaukstern, Leiter der Business Unit Industrial Analytics bei Weidmüller (Quelle: mika-photography_com)

Mittlerweile hat das Auto-ML-Tool seine Tauglichkeit und Qualität mehrfach in der Praxis unter Beweis gestellt. Unternehmen aus unterschiedlichen Industriesegmenten setzen das Tool ein. So verwenden unter anderem Boge-Kompressoren, der Separatorenhersteller Gea oder der Verpackungsmaschinenhersteller Multivac das Softwarewerkzeug, um ML-Modelle für die jeweiligen Use Cases zu trainieren.

Ziel der Zusammenarbeit mit Microsoft war und ist es, die Akzeptanz und Verbreitung von ML in der Industrie weiter auszubauen. Seit dem Herbst letzten Jahres ist das Tool über den Azure Marketplace verfügbar. Wie nah ist man nun dem gemeinsamen Ziel gekommen? Tobias Gaukstern, Leiter der Business Unit Industrial Analytics bei Weidmüller, sagt: „Unsere Kunden aus dem Maschinen- und Anlagenbau nehmen unsere Initiative und Lösungen, die wir gemeinsam anbieten, sehr positiv wahr. So gestaltet sich die Nutzung unseres Auto-ML-Tools innerhalb von Microsoft Azure sehr einfach.“ Was die gemeinsam beschlossene Demokratisierung des Themas in der Industrie anbelangt, betrachtet er vier Aspekte separat: „Wir haben es geschafft, den Auto-ML-Ansatz in verschiedenen Industriesegmenten zur Anwendung zu bringen – von Automotive über Food & Beverage, Medizintechnik bis hin zur Prozessindustrie.“ Auch hinsichtlich konkreter Applikationen sei man gut vorangekommen: „Unser Industrial Auto-ML-Tool wird im Kontext von einfachen Maschinen bis hin zu komplexen Werkzeug- und Verpackungsmaschinen eingesetzt.“ Dabei adressiert Weidmüller mit seinem Tool vor allem kleine und mittelständische Maschinenbauer. „Diese Unternehmen haben vielfach nicht die Kapazitäten, sich ein Team von Data Scientists aufzubauen und nutzen stattdessen effizienter unser Auto-ML-Tool“, verdeutlicht T. Gaukstern. Auch dieses Ziel habe man erreicht. Er fügt an: „Aber auch große börsennotierte Unternehmen gehören zu unserer Kundengruppe.“ Abschließend stellt er zur Beantwortung der Frage heraus, dass zudem der Reifegrad der ML-Lösungen in den Unternehmen betrachtet werden müsse. „Einige Kunden arbeiten bereits seit Längerem mit Microsoft-Lösungen und unserem Tool und haben es bereits geschafft, nicht nur erste Projekte erfolgreich umzusetzen, sondern datenbasierte Produkte in die Serienreife zu überführen – was entsprechende Produkt- und Geschäftsmodellinnovationen voraussetzt. Sie beginnen jetzt mit der Skalierung ihrer ML-Lösungen. Das heißt, dass unsere Auto-ML-Lösung bei diesen Kunden dazu beitragen konnte, Produkt-, Prozess- und Geschäftsmodellinnovationen sowie Umsatz- und Produktivitätssteigerungen zu realisieren“, freut sich T. Gaukstern. Als Antwort auf die Eingangsfrage fügt er an: „Mit unserem Auto-ML-Ansatz sind wir unserem Ziel der Demokratisierung von ML im Maschinenbau also einen großen Schritt nähergekommen.“ 

Dem fügt Oliver Niedung, IoT Specialist, aus Microsoft-Sicht an: „Wir haben in gemeinsamen Gesprächen mit Kunden nur positives Feedback zum Weidmüller-Tool erhalten. Viele Kunden sind bereits in die Erprobung gegangen.“ Dennoch muss aus seiner Sicht mehr Bewusstsein rund um das Tool geschaffen werden. Er verdeutlicht: „Weidmüller hat es mit seinem Tool in einzigartiger Weise geschafft, den Data Scientist weitgehend zu ersetzen. Nun müssen wir dessen Nutzung und Bekanntheitsgrad weiter steigern.“ In diesem Zusammenhang verweist er auf den Microsoft-IoT-Signals-Report 2020, für den weltweit mehr als 3 000 Entscheidungsträger zum Thema IoT befragt wurden. „79 % der Teilnehmer gaben hier KI als wesentliches Wertschöpfungswerkzeug an“, unterstreicht Niedung unter Verweis auf das Weidmüller-Industrial-Auto-ML-Tool.

Unstrukturierte Daten sind kein Thema

Bei der automatisierten Datenanalyse mag sich dem einen oder anderen die Frage nach dem Aufbereitungsaufwand – von unstrukturierten Daten – stellen. Dem entgegnet T. Gaukstern: „Im Maschinen- und Anlagenbau sind die Daten gar nicht so unstrukturiert, wie es auf den ersten Blick von außen erscheint. Aus dem Zusammenspiel von Maschinensteuerung, Sensoren und Aktoren, lassen sich viele Zusammenhänge direkt auslesen oder zumindest gut erschließen. Somit gibt es einen überschaubaren Interpretationsspielraum, der gut beherrschbar ist.“ Standards wie OPC UA würden ihr Übriges dazu beitragen, dies weiter zu systematisieren. O. Niedung ergänzt aus Microsoft-Sicht: „Eines der wichtigsten Elemente der Industrieinitiative Open Manufacturing Platform OMP sind semantische Datenmodelle. Daten müssen verstanden und in Beziehung zueinander gesetzt werden, darum kümmert sich eine OMP-Arbeitsgruppe. Das Auto-ML-Tool hilft dabei, mit den vorhandenen Daten zu einem solchen Modell zu gelangen.“ Bezüglich OPC UA fügt er an: „Die Experten sind sich einig, dass die Vereinheitlichung auf der Protokoll- und Architekturebene essenziell ist und OPC UA ist dieser Standard. „Wir bauen unsere OMP-Aktivitäten weiter aus und haben im letzten Jahr unter anderem mit Bosch, ZF Friedrichshafen und Anheuser-Busch InBev sehr engagierte und kompetente neue Mitglieder gewonnen“, sagt O. Niedung.

2 / 4

Ähnliche Beiträge