Next Steps inklusive Open Source

Oliver Niedung, IoT Specialist

Oliver Niedung, IoT Specialist bei Microsoft (Quelle: Microsoft)

Und was sind die nächsten Schritte, die sich Weidmüller für sein Auto-ML-Tool vorgenommen hat – oder ist dieses bereits fertig entwickelt? „Nein, wir stehen noch ganz am Anfang“, sagt T. Gaukstern. So hätten Kunden bereits eine ganze Reihe von Wünschen an Weidmüller herangetragen, die nun nach und nach eingearbeitet werden sollen. Als ein Beispiel nennt er die Führung des Benutzers durch den Modelltrainingsprozess. „Wir werden es dem Nutzer noch einfacher machen, sein Domänenwissen einzubringen und zugleich den Grad der Automatisierung anheben, zum Beispiel beim Labeln der Daten. Darüber hinaus werden wir einen Teil unserer Auto-ML-Bibliothek unseren Kunden als Open Source zur Verfügung stellen“, erklärt er. Als Hintergründe gibt er zum einen eine größere Gestaltungsfreiheit der Kunden bei der Modellentwicklung und -optimierung an. Zum anderen kann damit die Zusammenarbeit zwischen Domänenexperten, die das Auto-ML-Tool einsetzen, und Data Scientists verbessert werden. „So kann beispielsweise ein Ingenieur mithilfe des Auto-ML-Tools damit beginnen, auf Basis seines Applikationswissens ein erstes ML-Modell zu erstellen, das er dann dem Data Scientist übergibt. Dieser importiert das Modell in seine Entwicklungsumgebung, in der das Modell optimiert wird. So können ML- und Applikationsexperten über die offenen Schnittstellen zusammenarbeiten und ihr jeweiliges Wissen optimal beisteuern“, informiert T. Gaukstern. Als drittes Verbesserungs-To-do nennt er Explainable AI, also Modelle besser nachvollziehbar zu machen. Er erklärt: „Der Anwender muss einfach nachvollziehen können, was das Ergebnis eines Modells bedeutet, warum das Modell zu einem bestimmten Ergebnis kommt und wie das Modellergebnis oder die Modellzuverlässigkeit beeinflusst werden kann. Bei vielen Anwendern geht es nach wie vor auch darum, das Vertrauen in ML zu steigern, was Grundvoraussetzung dafür ist, auf Basis einer hohen Akzeptanz Machine Learning in der Breite zur Anwendung zu bringen“, ist T. Gaukstern überzeugt.

Zum Stichwort Explainable AI fügt Dr. G. Schomaker an: „Das noch recht junge Thema ist auch aus unserer Sicht für den Vertrauensbildungsprozess extrem wichtig.“ So würden sich Entscheidungsträger zwangsläufig die Frage stellen, ob sie in einem neuralgischen oder risikobehafteten Bereich ihres Unternehmens eine solche Lösung einsetzen sollten. „Nicht nur die Prozessverantwortlichen, die mit der Lösung arbeiten, müssen die Details verstehen, sondern auch die Manager, die ihren Einsatz genehmigen. Auch sie müssen wissen, wie das Tool ihre Geschäftsprozesse beeinflusst – dessen Wirkung über den Einsatzbereich hinaus verstehen. Deshalb muss zudem auf dieser Seite Akzeptanz geschaffen werden“, lautet sein Statement. In diesem Zusammenhang weist er auf Projekte innerhalb des SICP hin, die in diese Richtung gehen. „Unsere Aufgabe ist es, die Grundlagen und Funktionen zu schaffen. Die Industrie muss anschließend passende Referenzen finden, damit das Produkt am Markt breite Akzeptanz findet und in viele Einsatzbereiche vordringt“, verdeutlicht Dr. G. Schomaker. Als derzeit im Forschungsbereich wichtiges Thema nennt er die Synthetisierung von Daten. Dazu stellt er heraus: „Es wird in Zukunft nicht den einen Generator für synthetische Daten geben. Hier ist immer der Anwendungsfall zu betrachten, in dem Daten entstehen und für den sie genutzt werden.“

Der erfolgreiche Transformationsprozess

Während Maschinenbauer die digitale Transformation oftmals noch zögerlich angehen, ist Microsoft bereits weit im Wandel fortgeschritten: vom früheren Software-Lizenzanbieter hin zum breit aufgestellten Digitalisierungspartner. Was waren für Microsoft die größten Hürden in diesem Prozess und wie wurden diese gemeistert? O. Niedung: „Die größte Hürde für alle Unternehmen ist der frühere Erfolg! Ohne Anpassung kann man schnell zum Dinosaurier werden. Wir haben uns den Marktbedingungen, vor allem den veränderten Kunden- und Partnerbedürfnissen, gestellt und richten uns immer wieder neu aus. Wichtig war dabei, dass wir uns nicht auf dem ausgeruht haben, was wir bereits erreicht hatten, sondern den Blick in die Zukunft gerichtet haben. Übertragen auf den Maschinenbau heißt das: Manager müssen sich klarwerden, womit sie in Zukunft erfolgreich sein können und wie die Transformation im Unternehmen angegangen wird. Manche Unternehmen wandeln sich bereits vorbildlich – Weidmüller ist ein gutes Beispiel.“

Als weiteren Aspekt nennt er die Transformation des Geschäftsmodells. „Immer häufiger finden sich Product-as-a-Service-Modelle am Markt. Demnach beschäftigen sich viele Unternehmen bereits mit der Frage, wie sie Teile der Produkte in eine neue Wertschöpfung bringen. Parallel sollten sie die gesamte Wertschöpfung um das Produkt herum betrachten“, so O. Niedung. Microsoft habe sich eine globale Cloud-Hyperskalierung zum Ziel gesetzt. „Dabei stand im Mittelpunkt, weltweit Dienste anzubieten, die unsere Partner und Kunden tatsächlich benötigen. Parallel arbeiteten wir an der Realisierung von unterschiedlichen regionalen Anforderungen, zum Beispiel bei Zertifizierungen. Nur so stellen wir Vertrauen sicher, damit Regierungen und Unternehmen zur verbesserten Wertschöpfung die Möglichkeiten der Cloud nutzen“, erklärt er und schwenkt auch bei diesem Punkt zu Weidmüller über: „Wir bieten Weidmüller über unsere Partnerschaft eine globale Präsenz mit lokaler Betreuung der Kunden. Dabei bieten wir kompromisslose Datensouveränität und Offenheit – wir sind inzwischen ein starker Open-Source-Unterstützer.“ Als weitere wichtige Aspekte nennt er: „Der Transformationsprozess muss immer vom Management angestoßen werden. Neben der technischen muss ein Unternehmen auch eine Geschäftsmodell- und eine organisatorische Transformation durchlaufen.“ Für T. Gaukstern stellt sich nicht die Frage, von welcher Seite der Transformationsprozess angestoßen wird. Stattdessen meint er: „Wir müssen das industriepolitisch aus der Perspektive des Standorts Deutschland bzw. Europa entscheiden. Die Frage sollte demnach lauten: Womit schaffen wir zukünftig Wohlstand und Beschäftigung – und Mehrwert für den Kunden.“ Dabei ist er sicher: „Werttreiber werden zunehmend Daten und deren Verwendung im Rahmen neuer datenbasierter Services sein. In der Konsequenz tritt das mechanische Wissen über Maschinen und Prozesse, das der deutschen Industrie in den letzten Jahren die Position als Exportweltmeister gesichert hat, zunehmend in den Hintergrund. Deshalb müssen wir uns neu aufstellen und innovative daten- und plattformbasierte Dienste anbieten.“

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